Kundenorientierung der Finanzbranche auf dem Prüfstand

(16. Januar 2015)  „Unseriöse Beratungen!“ „Nicht der Kunde, sondern der Profit ist König!“ Gerade in der heißen Phase der Finanzkrise war die mediale, öffentliche Kritik an der Finanzbranche groß. Doch abgesehen vom faktischen Fehlverhalten einiger Unternehmen - wie gerechtfertigt sind diese Vorwürfe? Wie war es um die Beratungsqualität der Finanzdienstleister in den letzten Jahren bestellt, und wie sieht es heute aus? Wie unterscheiden sich Banken und Versicherer? Und in welchen Servicebereichen gibt es Auffälligkeiten? Prof. Dr. Thomas Liebetruth (Hochschule OTH Regensburg) stellt nun die Ergebnisse einer erstmaligen Metaanalyse vor, die diese Fragen fundiert beantwortet.

Die Untersuchung basiert auf Marktforschungsstudien des Deutschen Instituts für Service-Qualität und reflektiert die Entwicklung der Servicequalität der Finanzdienstleistungsbranche. Einige spannende Ergebnisse:

   - Die durchschnittliche Servicequalität der gesamten Branche
     pendelte im Verlauf der letzten Jahre zwischen einem guten und
     einem befriedigenden Niveau.

   - In den akuten Jahren der Finanzkrise (2011/2012) fielen die
     Beratungen vor Ort deutlich besser aus. Danach nahm die Qualität
     des Services in diesem Bereich wieder ab.

   - Die Finanzbranche war in den Servicebereichen Telefon, Internet
     und Beratung vor Ort konstant deutlich besser aufgestellt als im
     Servicebereich E-Mail.

   - Die Service-Schwachstelle E-Mail-Bearbeitung manifestiert sich
     zum Beispiel auch in der Wartezeit. Laut aktueller Studien des
     Jahres 2014 mussten Kunden im Schnitt noch über 24 Stunden auf
     die Beantwortung ihrer E-Mail-Anfrage warten.

   - Vergleich Banken versus Versicherer: Der Service der Banken war
     insgesamt besser als der von Versicherungsunternehmen.

   - Detailergebnis Banken: Der telefonische Service der Direktbanken
     war kontinuierlich besser als jener der klassischen
     Finanzinstitute.

   - Detailergebnis Versicherer: Direktversicherer sind in puncto
     E-Mail-Bearbeitung und Qualität der Internetauftritte deutlich
     besser aufgestellt als klassische Versicherer. Der telefonische
     Service verläuft auf einem vergleichbaren Niveau.

„Die These von der Servicewüste Deutschland ist, zumindest in der Finanzbranche, eine Märso nicht haltbar“, so Autor Prof. Dr. Thomas Liebetruth. "Die Entwicklung der Servicequalität in den letzten Jahren hat vor allem zweierlei gezeigt: Zum einen sind Pauschalurteile angesichts sehr positiver Ergebnisse von Unternehmen unangebracht, und zum zweiten bewegt sich der die Servicequalität selbst im Branchendurchschnitt zwischen den Qualitätsurteilen gut und befriedigend."

Grundlage der wissenschaftlichen Analyse waren 81 Studien, die das Deutsche Institut für Service-Qualität im Zeitraum 2010 bis August 2014 im Bereich der Finanzdienstleistungsbranche (Banken und Versicherer) durchgeführt hat. Anhand von Mystery-Tests wurden dabei rund 300 Unternehmen unter die Lupe genommen. Untersucht wurde die Servicekanäle Telefon, Internet, E-Mail - sowie bei Unternehmen mit Filialgeschäft - die Beratung vor Ort. In die Auswertung flossen insgesamt 42.225 Servicekontakte.

Zum Autor: Der Diplom-Kaufmann und Doktor rer. pol. Thomas Liebetruth wurde nach langjähriger Tätigkeit als Unternehmensberater 2009 zum Professor an der Hochschule OTH Regensburg berufen. Schwerpunkte seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit sind neben Service- und Servicequalität u. a. Prozessmanagement,- und Organisationsrestrukturierung und, Supply Chain Management, Unternehmensstrategien und Service.

Das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) verfolgt das Ziel, die Servicequalität in Deutschland zu verbessern. Das Marktforschungsinstitut mit Sitz in Hamburg führt zu diesem Zweck unabhängige Wettbewerbsanalysen, B2B-Studien und Kundenbefragungen durch. Rund 1.500 geschulte Tester sind in ganz Deutschland im Einsatz. Die Leitung der Forschungsprojekte, bei denen wissenschaftlich anerkannte Methoden und Service-Messverfahren zum Einsatz kommen, obliegt einem Team aus Soziologen, Ökonomen und Psychologen. Dem Verbraucher liefert das Institut wichtige Anhaltspunkte für seine Kaufentscheidungen. Unternehmen gewinnen wertvolle Informationen für das eigene Qualitätsmanagement. Das Deutsche Institut für Service-Qualität arbeitet im Auftrag von renommierten Print-Medien und TV-Sendern; Studien für Unternehmen gehören nicht zum Leistungsspektrum des DISQ.

Quelle: Deutsches Institut für Service-Qualität

www.disq.de