Volkskrankheit Burnout: Finanzbranche ist Spitzenreiter

19. März 2015. Es fing mit Schlafstörungen und mangelndem Antrieb an. Es folgten Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen, Erschöpfung und das Gefühl völliger Überlastung. Am Schluss wurde selbst das Telefonieren zur Qual: Jürgen N., Handelsvertreter und Generalagent einer deutschen Versicherung, dessen tägliches Brot die Kommunikation ist, zog sich nach und nach von seinen Mitmenschen zurück. Nur zwei Jahre nachdem er die höchste Auszeichnung für seine Leistungen erhielt, meldete sich der 42-Jährige für längere Zeit krank. Die Diagnose: Erschöpfungsdepression. Burnout.

Immer mehr Menschen brechen unter dem Druck, in kürzester Zeit immer mehr und komplexere Aufgaben bewältigen zu müssen, zusammen. Besonders in der Finanzbranche ist das oft der Fall. „Wenn es so weitergeht, wird Burnout in fünf bis sieben Jahren die Krankheit Nummer eins sein“, sagt Klaus Grünewald, Fachbereichsleiter Banken und Versicherungen bei der Gewerkschaft Verdi.

So wandte sich in den 90er Jahren gerade einmal ein ausgebrannter Mitarbeiter jährlich an ihn, berichtet der Arbeitnehmervertreter. Mittlerweile aber werde er fast jede Woche mit diesem Problem konfrontiert. Auch Gert Kaluza, Leiter des GKM-Instituts für Gesundheitspsychologie, hat im Rahmen seiner Seminare zur Stressbewältigung häufig mit Banken und Versicherungen zu tun. „20 bis 30 Prozent meiner Klienten kommen aus der Finanzbranche“, sagt er.

Trotz des häufigen Auftretens ist Burnout ein Tabuthema in der Finanzwelt. Dabei sind es oft gerade die Leistungsstarken, die dieser Krankheit zum Opfer fallen. Wie Jürgen N., der zu den besten Außendienstmitarbeitern seiner Organisationseinheit zählte und seinen Kunden „immer das Bestmögliche“ bieten wollte.

Der Weg in das Burnout-Syndrom beginne oft mit einer Phase idealistischen Überengagements, erklärt Psychologie- Professor Matthias Burisch. Die Betroffenen stürzen sich hoch motiviert in ihre Aufgaben. Erst wenn die erhoffte Anerkennung dauerhaft ausbleibt, beginnt die Ausbrennphase, die mit Leistungsabfall und körperlichen Beschwerden einhergeht.

Den Status einer Krankheit hat Burnout nicht, da es im Krankheits-Klassifikationssystem der Weltgesundheitsbehörde ICD-10 nicht als offizielle Diagnose auftaucht. Daher weichen Ärzte und Psychologen auf die Diagnose Depression aus. „Burnout ist letztlich eine Erschöpfungsdepression“, erklärt Kaluza.

Viele Betroffene meiden diesen Begriff jedoch, weil sie die Depression im klinischen Sinne mit der Niedergeschlagenheit verwechseln. Zu Unrecht. Denn neben gedrückter Stimmung, Antriebsschwäche und geringem Selbstwertgefühl, die für Niedergeschlagenheit typisch sind, zeigen Depressive weitere Symptome wie Verlust von Freude und Interesse an Aktivitäten, Gewichtsveränderungen, Schuldgefühle, Schlafprobleme bis hin zu Suizidgedanken. Darüber hinaus sind bei ihnen die Symptome stärker ausgeprägt und bestehen ununterbrochen seit mindestens zwei Wochen.


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