(02.12.2014) Die Frage nach Provisionen und deren Höhe von Banken und Finanzdienstleistern sowie dem darauf aufbauenden fehlgeleiteten produkt- bzw. provisionsorientierten Vertrieb sind immer wieder Gegen-stand von Diskussionen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde das zum 1. August 2014 in Kraft getretene „Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“ geschaffen.
Wie die aktuelle Studie „Bedeutung von Vergütungsstrukturen im Nachfrageverhalten nach Finanz-dienstleistungen“ des PFI Private Finance Institute der EBS Business School zeigt, ist der Mehrzahl der Verbraucher jedoch gar nicht bewusst, wie hoch typische Provisionshöhen im Finanzdienstleistungssektor tatsächlich sind. Zwar zielten die gesetzlichen Initiativen der letzten Jahre auf eine deutliche Stärkung von Transparenz und Information zum Wohle des Verbrauchers ab, indem Produktinformationsblätter und Beratungsprotokolle mit detaillierten Informationen zu Erwerbskosten bzw. Provisionshöhen in der Anlageberatung verpflichtend eingeführt wurden. Es zeigt sich jedoch, dass der größte Teil der über 1.000 bevölkerungsrepräsentativ befragten Verbraucher typische Abschlussprovisionen klassischer Anlage- und Vorsorgeprodukte, wie z. B. eines Aktienfonds(sparplans) und einer fondsgebundenen Rentenversicherung, nicht kennen.
Vergütungsstrukturen sind Verbrauchern nicht bekannt
So liegt der Anteil der annähernd richtig geschätzten Abschlussprovisionen bei einem Aktienfondssparplan bei 11 Prozent und bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung bei 9 Prozent. 26 bzw. 28 Prozent geben direkt an, keine Ahnung zu haben. Die in beiden Fällen verbleibenden 63 Prozent schätzen die Höhe der Abschlussprovisionen falsch. Beim Abgleich mit dem Haushaltsnettogeldvermögen zeigt sich, dass der Anteil derjenigen, die keine Angaben zu Provisionshöhen machen können, mit steigendem Nettogeldvermögen deutlich abnimmt, jedoch nicht nur zugunsten einer zunehmend richtigen Provisionseinschätzung. In Bezug auf die eigene Einschätzung der finanziellen Allgemeinbildung zeigt sich ein sehr ähnliches Bild: Je besser die eigene finanzielle Allgemeinbildung eingeschätzt wird, desto niedriger ist der Anteil derjenigen, die sich keine Angabe zur Provisionshöhe zutrauen. Der Anteil richtig geschätzter Provisionshöhen ist weitestgehend unabhängig von der Einschätzung des eigenen Finanzwissens, der Anteil falsch geschätzter Provisionshöhen nimmt hingegen sogar zu.
Großteil hält Beratungsleistungen für kostenlose Dienstleistung
Gleichzeitig hält ein Großteil der Befragten Beratungsleistungen von Banken und Finanzdienstleistern für eine kostenlose Dienstleistung, bei der den meisten nicht bewusst ist, dass bei einer provisionsbasierten Beratung die Beratungsleistung indirekt durch die beim Produkterwerb gezahlten Provisionen vergütet wird. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer hatte bisher keinen Kontakt zum Thema Honorarberatung. Von 46%, die angaben, schon einmal davon gehört zu haben, lieferten 37% eine unklare und 20% eine gänzlich falsche Beschreibung. 15% machten keine Angabe oder gaben offen an, Honorarberatung nicht beschreiben zu können, obwohl sie bereits von der Thematik gehört hätten. Für Dr. Ralph Jakob, einem der Autoren der Studie, stellt sich vor dem Hintergrund der Studienergebnisse daher die Frage, inwiefern auf dieser Basis das Ziel des Gesetzgebers, dem Verbraucher künftig eine bewusste Entscheidung für die provisionsgestützte Anlageberatung oder die (provisionsfreie) Honorar-Anlageberatung zu ermöglichen, erreicht werden kann.
Die genannten Ergebnisse sind Teil der durch das PFI Private Finance Institute der EBS Business School unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Rolf Tilmes, Dr. Ralph Jakob und Dr. Johannes Tekathen durchgeführten Studie „Bedeutung von Vergütungsstrukturen im Nachfrageverhalten nach Finanzdienstleistungen". Im Rahmen der Studie der EBS Business School wurden bevölkerungsrepräsentativ 1.041 Privatkunden mit Beratungserfahrung in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2013 zu ihren Finanzen befragt.
Weitere Hintergrundinformationen zur Studie finden sich auf www.ebs-umfrage.de